Klimafreundliches Bauen – Antrag der Stadtratsfraktion Betzdorf vom 17.06.2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt für die nächste Stadtratssitzung
folgenden Antrag:
Die Stadt Betzdorf beschließt, dass bei den geplanten Neubaugebieten
(Gewerbegebiet Dauersberg I I , Wohngebiet Scheuerberg,
Eisenbahnausbesserungswerk EAW) Klimaschutzkriterien für Neubaugebiete
gemäß § 1und 1a, Absatz 5, BauGB *) angewandt werden, d.h. dass beim
Verkauf städtischer Grundstücke erhöhte Energieeffizienzstandards
(Kompakte Bauweise, Solarnutzung, Wärmedämmung, Wärmepumpen,
Nahwärme, Dach- und Fassadenbegrünung, ausreichende Grünflächen
(keine Schottergärten), klimafreundliche Verkehrsanbindung u. ä. )
verbindlich eingefordert werden.
* §1a, Absatz 5 BauGB: ((5) 1Den Erfordernissen des Klimaschutzes soll sowohl durch
Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an
den Klimawandel dienen, Rechnung getragen werden.)
Begründung
Stadt und Verbandsgemeinde haben sich verpflichtet, ein gemeinsames
Klimaschutzkonzept zu entwickeln und alle kommunalen Handlungen auf ihre
Auswirkungen auf das Klima zu prüfen und entsprechend auszurichten.
Unabhängig von diesem gemeinsamen Klimaschutzkonzept sollte aber die
Stadt schon jetzt eigene Maßnahmen, die in ihrem Kompetenzbereich liegen,
ergreifen.
Denn die Zeit drängt. Klimaforscher sagen uns, dass die nächsten zehn
Jahre entscheiden, wie sich das Klima in den nächsten zehntausend Jahren
entwickeln wird. Der Klimawandel ist ein Prozess, der, wenn er einen
bestimmten Punkt überschritten hat, irreversibel – unumkehrbar und
unaufhaltsam wird. Am Tage unserer gemeinsamen Infoveranstaltung
meldete eine Studie, dass es Hinweise gibt, dass der Beginn des
vollständigen Schmelzens des Grönlandeises schon unumkehrbar sei. Am
gleichen Tag wurde gemeldet, dass in der Antarktis sich ein Stück des
Schelfeises von der Größe Mallorcas abgelöst hat. Der gleiche
unumkehrbare Prozess wird von dem Auftauen des Permafrostes in der Arktis
befürchtet. Alle diese Prozesse bewirken durch Rückkoppelungseffekte eine
weitere unaufhaltsame Beschleunigung der Erderwärmung. Die
Forscher*innen der Arktisexpedition des Eisbrechers „Polarstern“ berichten,
dass das Polareis 2020 nur noch halb so dick war wie einst üblich und dass
die Durchschnittstemperatur um 10 Grad höher lag als normal. Dabei hat die
globale Durchschnittstemperatur bisher lediglich um 1,2 Grad zugenommen,
das ist ein Bruchteil dessen, was auf uns zukommt, wenn die Emissionen
weiter unkontrolliert wachsen.
Das Umweltbundsesamt und Experten aus 25 Bundesbehörden haben vor
ein paar Tagen rund 100 Folgen des Klimawandels in Deutschland untersucht
und dringenden und sofortigen Handlungsbedarf festgestellt. Sie warnen vor
extremen Hitzen in Städten, Dürre auf dem Land und vermehrt
Starkregenereignisse.
Klimaschutzpolitik ist nicht nur, wie hier auch schon mal geäußert wurde,
etwas, was auf „höherer Ebene“ betrieben werden sollte. Gerade auf
k o m m u n a l e r  E b e n e  f a l l e n  w i c h t i g e  k l i m a r e l e v a n t e
Investitionsentscheidungen. Der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) und
die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordern deshalb,
dass Klimaschutz kommunale Pflichtaufgabe werden müsse.
Zu Recht fordert unser Bürgermeister in seinem Arbeitspapier Betzdorf
20230+: „Es wird Zeit für eine prognostische Intelligenz, die vorausgreifende
Antworten auf unsere ökologische Krise mit den vielfältigen Phänomenen
Klimawandel, Artensterben, Flächenverbrauch, Autoflut, Polarschmelze, etc.
geben muss, da nicht nur globale, sondern ebenfalls lokale Auswirkungen mit
ihren ganz eigenen Anforderungen auf uns zukommen werden.“
Bei den geplanten Neubaugebieten hat die Stadt die einmalige Chance,
mustergültige zukunftsfähige Klimaschutzstandards zu verwirklichen. die
damit auch beispielhaft für andere Bereiche sein können.
Horst Vetter
Fraktionssprecher

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