Auf Einladung des Ortsverbands Hamm/Wissen von Bündnis 90/Die Grünen diskutierten am vergangenen Freitag namhafte Experten und engagierte Bürgerinnen und Bürger im Kulturhaus Hamm über die Zukunft der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum. Unter dem Titel „Wie sorgen wir für eine gute Gesundheitsversorgung bei uns?“ wurde die aktuelle Krankenhausreform sowie Herausforderungen und Lösungsansätze für die medizinische Versorgung in der Region thematisiert.
Die Veranstaltung begann mit einer Einführung durch Kevin Lenz, Mitglied der Grünen Kreistagsfraktion. Er skizzierte die prekäre Situation der regionalen Krankenhauslandschaft und betonte die Dringlichkeit struktureller Reformen.
MdB Prof. Dr. Armin Grau, Mitglied des Gesundheitsausschusses und Mitgestalter der Krankenhausreform, erläuterte in einem Impulsvortrag die Hintergründe der Reform. Er verwies auf Fehlanreize durch das bisherige Fallpauschalensystem, das zu einer Mengenausweitung medizinischer Behandlungen und einer wirtschaftlichen Fehlsteuerung geführt habe. Besonders lukrative Eingriffe hätten Vorrang erhalten, während essenzielle medizinische Bereiche wie Geburtshilfe oder Notfallversorgung unterfinanziert geblieben seien. Die Reform setzt unter anderem auf Vorhaltepauschalen, um ökonomischen Druck zu reduzieren und insbesondere auf dem Land eine bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen.
Podiumsdiskussion mit Fachleuten und Bürgerbeteiligung
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben Armin Grau auch Dr. Isabella Jung-Schwandt, Oberärztin und Mitglied der Bürgerinitiative „Gute Gesundheitsversorgung“, Karsten Krämer, Logopäde mit Erfahrung in der Krankenhauspraxis, Susanne Leber, Kreissprecherin der Grünen, sowie Thorben Thieme, Direktkandidat für den Wahlkreis Neuwied-Altenkirchen, teil. Die Diskussion behandelte zentrale Fragen der Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen, darunter die Herausforderungen der ambulanten Versorgung, den Pflegekräftemangel sowie die Notwendigkeit sektorenübergreifender Kooperationen.
Dr. Isabella Jung-Schwandt betonte, dass ambulante Leistungen nach wie vor schlechter vergütet würden als stationäre Behandlungen, was zu Defiziten in der Versorgung führe. Sie forderte zudem eine stärkere Berücksichtigung sozialer Ungleichheiten bei der Gesundheitsbildung. Karsten Krämer kritisierte den zunehmenden Zeitdruck und die fehlende Menschlichkeit in der Patientenversorgung.
Ein besonderes Thema war die Rekommunalisierung von Krankenhäusern als mögliche Lösung zur Sicherstellung einer nachhaltigen medizinischen Infrastruktur. Prof. Dr. Grau verwies auf erfolgreiche Beispiele, in denen Kommunen Krankenhäuser übernommen und stabilisiert haben. Gleichzeitig betonte er jedoch die Notwendigkeit einer besseren finanziellen Ausstattung der Kommunen durch Bund und Länder.
Bürgerfragen und Lösungsansätze
In der offenen Fragerunde äußerten Bürgerinnen und Bürger ihre Sorgen zur künftigen medizinischen Versorgung, insbesondere hinsichtlich des Wegfalls des hausärztlichen Bereitschaftsdienstes, der Altersstruktur niedergelassener Ärzte und der prekären Versorgungssituation in der Kinderheilkunde. Prof. Dr. Grau stellte klar, dass die Reform keine Schließungen bedarfsnotwendiger Krankenhäuser im ländlichen Raum vorsieht, sondern eine bedarfsgerechte Neuordnung der Krankenhauslandschaft anstrebt.
Fazit und Ausblick
Die Veranstaltung verdeutlichte die Notwendigkeit umfassender Reformen im Gesundheitswesen. Die Krankenhausreform wird erst 2027 vollständig wirksam, doch schon jetzt ist der Handlungsdruck enorm, insbesondere für kleinere Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz. Die Grünen fordern eine beschleunigte Umsetzung der Reform und eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen, um die wohnortnahe Versorgung langfristig zu sichern.
Die rege Beteiligung des Publikums unterstreicht das große Interesse und die Betroffenheit der Menschen in der Region. Die Veranstalter zeigten sich zufrieden mit dem konstruktiven Austausch und betonten die Bedeutung einer aktiven Mitgestaltung der Gesundheitspolitik durch Bürgerinnen und Bürger.
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