Rede zum Haushalt – Kreistag

Sehr geehrte Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

Zuerst möchte ich mich im Namen der grünen Fraktion bei der Verwaltung bedanken. Das Erstellen des Konsolidierungskonzepts war sicherlich sehr arbeitsintensiv. Ausführliche durch die Verwaltung bei einer Fraktionssitzung sind nicht selbstverständlich, genauso das Beantworten von zusätzlichen Fragen. Herzlichen Dank dafür.

Um trotz des strukturellen Defizits und den finanziellen Pflichtaufgaben des Kreises noch Handlungsspielräume für wichtige, sinnvolle freiwillige Leistungen zu haben und um einen bewilligungsfähigen Haushalt verabschieden zu können, halten wir eine Erhöhung der Kreisumlage um 1,5 Prozentpunkte, d.h. ca. 2 Millionen Euro, für unabdingbar. Wir machen das nicht leichtfertig, zumal wir wissen, dass wir die Kommunen damit belasten. Aber durch den Wegfall der Gewerbesteuerumlage in Höhe von 3,5 Mio. Euro werden die Kommunen auch entlastet.
Zudem: der Kreis ist Träger aller weiterführenden Schulen inkl. der Kosten und übernimmt im sozialen, präventiven und kulturellem Bereich zahlreiche Aufgaben, die die Kommunen überhaupt nicht leisten könnten.
Wir haben die progressive Kreisumlage zur Diskussion gestellt und erwarten, dass wir bis zum nächsten Haushalt über dieses gerechtere Modell hoffentlich umsetzungsorientierte Gespräche führen.

Die Fixierung der CDU auf 1 Prozentpunkt Umlagenerhöhung verbunden mit der Aussage sowohl in den Printmedien als auch bei Facebook, nur sie würde auf Seiten der Kommunen stehen, ist mehr als billig. Die 1,5 Prozent Umlagenerhöhung wollen wir auch nicht aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber der Finanzaufsicht, wie schon mal abwertend geäußert wurde.
Außerdem: das unsägliche Umgehen, insb. der CDU im Kreis, mit dem Grundstücksverkauf an die Stadt Kirchen mit einem Erlös von 450.000 Euro und die zwar wortreichen aber faktenarmen Einlassungen dazu und die Uneinsichtigkeit trotz diverser Sitzungen inkl. der umfangreichen Informationen, das versteht kein Mensch, wir auch nicht.
Das hat ganz konkret den Spielraum bei der Umlagenerhöhung verkleinert.
Die Pflichtausgaben des Kreises resultieren aus Bundes- und Landesgesetzen. Konnexität ist hier das Stichwort, übersetzt „wer bestellt soll auch zahlen“. Bislang nehmen wir insbesondere bei der CDU einen Reflex wahr – der empörte Finger Richtung Mainz, aber höchstens dezent in Richtung der CDU-geführten Bundesregierung. Ja, das Problem existiert, aber wir müssen, auch im Landkreistag, eine bessere Finanzausstattung der Kommunen durch vor allem auch durch den Bund durchsetzen.

Zum Konsolidierungskonzept:
Die Fraktionen haben sich nach intensiven Beratungen bis auf einige Punkte geeinigt, das ist bemerkenswert und zu begrüßen. Jede Fraktion wird ihre roten Linien gehabt haben. Wir auch.
Kürzungen im Bereich der Armutsprojekte und im Bereich der präventiven Leistungen hätten ganz klar zu einer Ablehnung des Haushaltes geführt. Auch wenn Leistungen teilweise auf den Stand von 2018 eingefroren werden, bleibt in Gänze das soziale Engagement, welches kreisweit den Betroffenen Unterstützung bietet, erhalten.
Zu nennen sind hier beispielsweise die Armutsprojekte, die Förderung der Schulsozialarbeit an Grundschulen, die Familienhebamme, die Jugendgerichtshilfe und alle weiteren präventive Maßnahmen.
Mit Inkrafttreten des neuen Kitagesetzes kommen auch neue Regeln, da ist der Kreis gut aufgestellt.

Zum ÖPNV:
Wir unterstützen zu 100% das Bestreben des Kreises durch die Westerwaldbus GmbH besser getakteten Linienverkehr, auch abends und am Wochenende zu betreiben. Auch wenn da sehr viel Geld in die Hand genommen wird: das ist gut investiert und hilft auf dem Weg zu einer Verkehrswende und letztlich auch zur Minderung von Emissionen. Wir müssen auch etwas Geduld haben und nicht voreilig Linien einstellen oder verkürzen. Es braucht Zeit bis der ÖPNV auch angenommen wird. Die Linienführung ist mehrmals angepasst worden, um die Akzeptiert zu erhöhen. Regelmäßige Fahrgastzählungen geben zudem einen Überblick über die Entwicklung und sind eh schon geplant.

Wir können an dieser Stelle nicht alle Haushaltsthemen ansprechen. Aber seien es die kulturellen Einrichtungen, der Tourismus, regionale Konzepte, sinnvolle kreisübergreifende Kooperationen: wir verschließen uns nicht sondern werden uns aktiv beteiligen. Hier befinden wir uns in einem Prozess. Zum einen ist es richtig, Möglichkeiten einer Effizienzsteigerung zu prüfen, zum anderen, das betrifft insbesondere z.B. den Zusammenschluss zu „Wir Westerwälder“ oder Projekte zur Regionalvermarktung, die ja jetzt in der Startphase sind.

Zu den Punkten Klimakrise/Klimaschutz, Schulbibliotheken und Schülerbeförderung Sekundarstufe II wird mein Kollege Kevin Lenz sprechen.

Wir möchten nun noch einige Themen etwas näher betrachten. Wenn man in der letzten Woche die Zeitung aufgeschlagen hat, so dominierte bei den Leserbriefen vor allem ein Thema. Die Schulbibliothek am Freiherr vom Stein Gymnasium (natürlich stellvertretend für alle Schulbibliotheken in unseren Schulen). Schüler, Eltern und Lehrer meldeten sich zu Wort und brachten ihre Empörung zum Ausdruck. Gerne wurde dabei John F. Kennedy zitiert. Aber ich möchte jetzt lieber 2-3 Aussagen aus den Leserbriefen entnehmen.

  • Paul Marian Milosevic spricht dabei die aktuellen Ergebnisse der Pisa-Studie an und macht klar, dass eine Schwächung der Bibliothekslandschaft an unseren Schulen keine angemessene Reaktion auf die schwächelnde Lesekompetenz ist.
  • Anika Zöller, sowie der ehemalige Schulleiter Manfred Weber machen klar, dass die Bibliothek nicht einfach ein kaum gebrauchtes Lager für Bücher ist, Sondern dass die Bibliothek rege sowohl von Schülern wie auch von Lehrern genutzt wird und einen ruhigen Ort zum Lernen für die Schüler darstellt.

Dies funktioniert aber nur, wenn die Bibliothek ordentlich gepflegt und sortiert ist. Auch ein Ansprechpartner vor Ort ist wichtig, um die entsprechende Fachliteratur zu finden. Nicht umsonst ist Bibliothekar*In ein anerkannter Ausbildungsberuf und Studiengang.

Die Lesekompetenz wird laut der Pisa-Studie bei deutschen Schülern schlechter, Universitäten läuten die Alarmglocken, weil die Studenten das wissenschaftliche Arbeiten und den Umgang mit Literatur nicht mehr beherrschen. Die gut geführten und ausgestatten Bibliotheken an unseren Gymnasien im Kreis sind ein Alleinstellungsmerkmal für unsere Schulen und ein wichtiger weicher Standortfaktor. Vor einiger Zeit, im Rahmen des Schulentwicklungsplans, wurde über die Konkurrenzsituationen, vor allem für unsere Schulen in Wissen und Betzdorf zu Schulen in NRW gesprochen. Auch dabei spielen die gut geführten Bibliotheken eine entscheidende Rolle.

Sehr geehrte Herr Wäschenbach, letzte Woche durfte ich in der Zeitung lesen, dass auch Sie die personell geführten Bibliotheken als wichtige Institution betrachten. Aber die Aufgabe zur Finanzierung eher beim Land RLP sehen. Wenn man eine Institution als wichtig betrachtet, dann enthält man sich nicht, sondern setzt sich auch für dessen Erhaltung ein. Natürlich kann man mit dem Land verhandeln, aber vorher. Sie machen sich da einen schlanken Fuß, indem Sie den schwarzen Peter dem Land zustecken.

Wir wissen auch, dass wir Geld einsparen müssen. Daher sehen wir eine Reduzierung und eine Optimierung der wertvollen Ressource Schulbibliothek als machbar, lehnen aber eine Abschaffung der Stellen ab. Wir Grüne beantragen daher statt einer Abschaffung der Stellen, eine Reduzierung auf 0,5 Stellen für jede der drei Schulbibliotheken, sowie eine Öffnung der Bibliotheken für benachbarte Schulen, um den Zugang für möglichst viele Schulen zu gewährleisten.

Bei allen Sparzwängen dürfen wir aber auch nicht den Klima- und Umweltschutz aus dem Kopf verlieren. Es ist dringend notwendig, das bisherige Klimaschutzkonzept zu evaluieren und fortzuschreiben, um die von Kreistag beschlossenen Ziele bis 2025 zu erreichen oder wenn es nach uns geht, sogar zu übertreffen. Dabei ist es auch wichtig den ÖPNV für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu machen. Daher begrüße ich den CDU-Antrag für ein kostenloses Familienticket an Wochenenden und Feiertagen vorerst. Aber entscheidend ist es auch, möglichst vielen Pendlern und dazu zählen auch die Schüler der Sekundarstufe 2, die Fahrt mit dem ÖPNV zu ermöglichen. Der Landkreis Altenkirchen übernimmt derzeit die Fahrtkosten für Schüler der Sek 2, die selbst bzw. deren Eltern unter der im Landesrecht geregelten Einkommensgrenze liegen – also für die, die nicht viel Geld haben. Von diesen Menschen nun einen monatlichen Eigenanteil zu fordern trägt nicht gerade zur Förderung des ÖPNV, noch zum freien Bildungszugang für ALLE bei. Vor kurzem ging wieder durch die Nachrichten, dass die Bildung in Deutschland immer noch zu einem großen Teil vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Diese Maßnahme trägt dazu bei, dass dies auch weiter der Fall bleibt. Der Besuch der Oberstufe ist nicht gerade billig und für einige Familien und Schüler stellt dies einen finanziellen Kraftakt dar. Schul- und Fachbücher sind teuer (hierbei können gut geführte Bibliotheken übrigens auch helfen!), verschiedene Projekte und Fahrten kosten auch Geld. Einige Schüler besuchen die Oberstufe nicht mit dem Wohlwollen der Eltern. Die Eigenbeteiligung trägt daher nicht gerade zur sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit bei, stattdessen führt dieser eher zu mehr Elterntaxis.

Klimaschutz kostet aber nicht nur Geld und Geld lässt sich auch nicht nur bei den freiwilligen Leistungen des Kreises einsparen. So zeigt unser Antrag zu LED-Umrüstung der Innen- und Außenbeleuchtung an kreiseigenen Gebäuden, dass nicht nur jede Menge CO2 eingespart werden kann, um dem menschengemachten Klimawandel entgegen zu wirken, sondern auch eine enorme Reduzierung der Stromkosten um 30-40% im Vergleich zu herkömmlichen Leuchtmitteln möglich ist.

Zum Jahresende nimmt man sich gerne etwas Gutes für das kommende Jahr vor. Stellen Sie sich dabei nur mal vor, was an Papier-, Personal-, Druck- und Versandkosten gespart werden könnte, wenn wir zukünftig mit einem geeigneten Rats-Informationssystem statt mit Schubkarren voller Papier arbeiten würden. Das ist sicherlich eine stolze Summe, die dazu beitragen könnte, die Bibliotheksstellen und die kostenfreie Schülerbeförderung weiter aufrecht zu erhalten.

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes und ruhiges Weihnachtsfest!

Anna Neuhof & Kevin Lenz

 

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